Romain Schneider au sujet de ses priorités politiques

"Ich würde davon abraten, sich ganz aus der Verantwortung zu ziehen"

Luxemburger Wort: Herr Minister, als vor ein paar Wochen die Standortfrage des nationalen Fußballstadions geklärt wurde, hatte man den Eindruck, als ob die Entscheidung an Ihnen vorbei getroffen wurde.

Romain Schneider: Das trifft so nicht zu. Das Ministerium war sich seit langem mit der Stadt Luxemburg einig, dass das neue Stadion auf deren Gebiet entstehen soll; die Priorität galt der Instandsetzung des Stade Josy Barthel, auf der Grundlage eines Vorentwurfs, der von der FLF, der Stadt Luxemburg, des Ministeriums und einer Reihe von Experten ausgearbeitet worden war. Ziel war es, eine Sportstätte zu errichten, die den Uefa-Normen entsprechen würde. Die genauere Untersuchung dieses Projekts stellte die Stadt Luxemburg vor eine Reihe von Fragen, etwa, was die technische Machbarkeit, die Kosten, die Sicherheit und auch die Verkehrsproblematik angeht. Damals schon fühlte der Schöffenrat bei mir vor, ob ich möglicherweise mit einem alternativen Standort einverstanden wäre. Ich hatte damit kein Problem, solange sich der Bau nicht verzögert beziehungsweise teurer wird und solange das Grundstück sich in staatlichem beziehungsweise kommunalem Besitz befindet. Über den neuen Standort wurde ich Mitte Februar informiert. Eher war das auch gar nicht möglich, weil erst im Februar die letzten Grundstücke erworben wurden, die sich vorher noch in Privatbesitz befanden.

Luxemburger Wort: Wann wird der Ball im neuen Stadion rollen?

Romain Schneider: Derzeit laufen die Planungen parallel im Schöffenrat der Hauptstadt sowie in den zuständigen Ministerien. Ich denke, dass bis Ende des Jahres ein Vorentwurf vorliegen könnte. Für den Bau eines Stadions braucht man in der Regel zwei Jahre. Im Idealfall würde das Bauwerk also Ende der Legislaturperiode stehen. Ich würde mir wünschen, dass man bis 2017 zumindest erkennen würde, dass an dem Standort ein Fußballstadion entsteht.

Luxemburger Wort: Und dort soll auch die Rugby-Nationalmannschaft ihre Länderspiele austragen?

Romain Schneider: Das ist so vorgesehen.

Luxemburger Wort: Vorgesehen ist auch der Bau eines Velodroms.

Romain Schneider: Dieses Projekt entsteht parallel zum geplanten Lyzeum in Bad Mondorf. Zu einer Sekundarschule gehören auch Sportinfrastrukturen; diese Synergien wollen wir nutzen. Auch wollen wir mit dem Saarland und Lothringen zusammenarbeiten, wo es keine ähnlichen Sportinfrastrukturen gibt.

Luxemburger Wort: Das Regierungsprogramm sieht die Schaffung eines Olympiastützpunkts vor. Was hat man sich darunter vorzustellen?

Romain Schneider: Uns schweben keine Einrichtungen für Hochleistungssportler vor, wie sie etwa in Deutschland bestehen; mittelfristig ist das vielleicht ein erstrebenswertes Ziel. Kurzfristig wollen wir eine virtuelle Plattform für den nationalen Hochleistungssport schaffen, indem wir die Kräfte - etwa im Bereich der Ausbildung oder der medizinischen Betreuung - bündeln, so dass die Athleten, gleich welche Disziplin sie ausüben, angemessen beraten werden können.

Luxemburger Wort: Sie sind Mitglied im Stiftungsrat der Welt-Anti-Doping-Agentur. Nun hat man nicht gerade den Eindruck, als ob der Kampf gegen die unerlaubten Substanzen demnächst gewonnen wäre.

Romain Schneider: Dennoch halten wir an der Null-Toleranz-Politik auf allen Ebenen fest. Wir werden sowohl präventiv vorgehen als auch unsere Kontrollen verschärfen. Die Alad spielt dabei eine wichtige Rolle; im Hinblick auf die neuen Wada-Richtlinien, die im kommenden Jahr in Kraft treten, muss sie über das notwendige juristische Rüstzeug verfügen, um ihre Fälle auch durchfechten zu können.

Luxemburger Wort: Kommen wir zur Entwicklungspolitik. Seit Jahren konzentriert sich die Zusammenarbeit auf die neun Zielländer. Bleibt es bei dieser privilegierten Partnerschaft?

Romain Schneider: Die direkte Entwicklungspolitik der Regierung konzentriert sich auf die neun Zielländer. Da das Kooperationsprogramm mit Vietnam im kommenden Jahr zu Ende geht, wird eine Entscheidung über ein neues Partnerland flug. Myanmar ist hier in der engeren Wahl. Ich möchte aber unterstreichen, dass wir Projekte der luxemburgischen Nichtregierungsorganisationen in allen Entwicklungsländern der Welt mitfinanzieren.

Luxemburger Wort: Die Partnerschaft mit den Zielländern läuft meist schon über Jahre; immer wieder kommt es dabei zu Rückschlägen, wie etwa in Mali nach der islamistischen Machtübernahme im Norden des Landes. Das muss einen Minister doch manchmal verzweifeln lassen.

Romain Schneider: In der Tat sind unsere Programme auf die politischen Vorgaben abgestimmt, die die jeweiligen Partnerländer selbst verfolgen. In der Regel erzielen wir dabei gute Fortschritte; aber es stimmt schon, dass die Rahmenbedingungen vor Ort unsere Arbeit manchmal erschweren. Es bleibt immer eine Herausforderung.

Luxemburger Wort: Im Jahr 2000 ist die Staatengemeinschaft die Herausforderung angegangen, die extreme Armut bis 2015 zu halbieren. Dieses und andere Millennium-Ziele werden wir im kommenden Jahr wohl nicht erreichen.

Romain Schneider: Was die Staaten sich vor 14 Jahren vorgenommen hatten, war in der Tat eine sportliche Herausforderung. Auch wenn wir die Ziele nicht erreichen, soll uns das nicht davon abhalten, darauf aufzubauen, um es in den nächsten Jahren besser zu machen; gleichzeitig müssen die Ziele im Bereich der Entwicklungshilfe mit den Nachhaltigkeitszielen der Rio+2o-Konferenz abgestimmt werden.

Luxemburger Wort: Luxemburg will weiterhin ein Prozent seines nationalen Reichtums für die Kooperationspolitik verwenden. Haben Sie Verständnis dafür, dass Länder wie Griechenland oder auch Spanien ihr Entwicklungsbudget zusammenstreichen?

Romain Schneider: Die Höhe des Entwicklungshaushalts ist immer eine politische Entscheidung. Ich möchte aber daran erinnern, dass alle Länder der UNO sich zu einem Ziel von 0,7 Prozent des BIP verpflichtet haben. Ich würde davon abraten, sich ganz aus der Verantwortung zu ziehen, schließlich geht es bei der Entwicklungshilfe auch um die politische Stabilität weltweit. Das Geld, das man für Entwicklungshilfe verwendet, spart man durch geringere Ausgaben etwa für die Sicherheitspolitik wieder ein.

Luxemburger Wort: Um viel Geld geht es auch bei der sozialen Sicherheit. Ein Ziel der Gesundheitsreform war es zum Beispiel, die Finanzen der Krankenversicherung nachhaltig zu sanieren. Nun droht bereits im kommenden Jahr ein Defizit.

Romain Schneider: Zunächst einmal weist die Gesundheitskasse einen leichten Überschuss zwischen 30 und 40 Millionen Euro auf. Im kommenden Jahr riskieren die Kassen aber, rote Zahlen zu schreiben, und das werden wir mit den Maßnahmen ausgleichen, die in der Gesundheitsreform vorgesehen sind. Wir werden die Kostenexplosion eindämmen, ohne die Qualität der Gesundheitsversorgung oder die Leistungen in Frage zu stellen; wir werden Synergien anregen; wir werden die Agentur e-Sant als medizinisches Informationsaustausch-Instrument ausbauen; kurz, wir wollen effizienter und transparenter arbeiten.

Luxemburger Wort: Mit den Synergien tun sich vor allem die Krankenhäuser schwer. Werden Sie den Druck auf die Akteure verstärken?

Romain Schneider: Wer mich kennt, der, weiß, dass es nicht meine Art ist, jemanden zu irgendetwas zu zwingen. Ich hoffe auf eine einvernehmliche Lösung, auch wenn ich mir bewusst bin, dass es nicht einfach wird. Die Bereitschaft zu einer verstärkten Zusammenarbeit scheint vorhanden zu sein. Sollte es nicht dazu kommen, werde ich mich meiner Verantwortung nicht entziehen.

Luxemburger Wort: Ihr Vorgänger im Sozialressort hat in den vergangenen Jahren ein strammes Reformtempo an den Tag gelegt. Eigentlich könnten Sie es relativ gemütlich angehen lassen.

Romain Schneider: In der Tat hat Mars Di Bartolomeo eine ausgezeichnete Arbeit geleistet; es bleibt aber noch genug zu tun, so müssen noch einzelne Teile der Gesundheitsreform wie etwa der Referenzarzt oder die Agentur e-Sant in die Praxis umgesetzt werden, was wir in den kommenden Monaten und Jahren mit den Sozialpartnern und den Gesundheitsdienstleistern tun wollen. Ein anderes Mammutprojekt meines Vorgängers war die Rentenreform; da hat diese Regierung sich vorgenommen, zur Hälfte der Legislaturperiode Zwischenbilanz zu ziehen.

Luxemburger Wort: Die nächste Großbaustelle in der Sozialpolitik wird wohl die Reform der Pflegeversicherung sein. Gibt es schon konkrete Pläne, wie die Assurance dépendance für die Zukunft abgesichert werden soll?

Romain Schneider: Grundlage ist die Bewertung, die im vergangenen Jahr vorgenommen wurde. Wir wollen dafür sorgen, dass die Kosten nicht länger aus dem Ruder laufen; gleichzeitig wollen wir aber gewährleisten, dass die Pflegeversicherung weiterhin ihrer Aufgabe gerecht werden kann. Dabei geht es nicht unbedingt um Leistungskürzungen, wir müssen dafür sorgen, dass die Pflege den tatsächlichen Bedürfnissen gerecht wird. Bei der Reform wollen wir alle beteiligten Partner einbeziehen, dazu zählt auch das Parlament, das ich noch vor dem Sommer mit einer Konsultationsdebatte befassen möchte. Die Gesetzesvorlage zur Reform der Pflegeversicherung will ich im kommenden Jahr einreichen.

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